Wie auch immer wir es drehen und wenden: Afrika und der Nahe Osten ist und bleibt unser nächster Nachbar
Schon jetzt sehen sich Millionen Menschen aus unserer Nachbarschaft vor die Alternative gestellt: Fliehen oder Sterben. Heute leben in Afrika 1,2 Milliarden Menschen. 2100 werden es nach der Stiftung Weltbevölkerung 4,4 Milliarden sein. Afrika wächst zwar auch wirtschaftlich, aber noch ist dies vor allem ein Wachstum der wenigen Reichen, verbunden mit einem rasanten Wachstum der Anzahl und der Hoffnungslosigkeit der sehr vielen Armen. Der Klimawandel, fortgesetzte sklavenartige Löhne, ungehemmte Ausbeutung der Bodenschätze, hemmungslos unfaire Handelsbeziehungen und einiges mehr befeuern alle denkbaren Ursachenherde für Flucht und mehr. Investieren wir vorrangig in einen neuen europäischen Mauerbau statt in die deutliche Verbesserung der Lebensperspektiven in den Herkunftsländern, schlägt dies umso stärker in Bumerang-Effekten auf uns zurück. Je mehr die populistische (Inter-)Nationale in vielen europäischen Ländern sich in ihren „Britain First“- oder wie auch immer variierten „Wir zuerst“-Wahn hineinsteigern, desto mehr treiben wir die Radikalisierung der Verzweifelten voran und desto mehr eskalieren die Dinge in Richtung Weltterrorbürgerkrieg.
Afrika ist ein reicher Kontinent, sogar noch viel mehr als der Nahe Osten. Afrika ist keineswegs nur rohstoffreich und sonnenreich. Der größte Solarpark der Welt entsteht derzeit in Marokko, aber auch eine starke digitale Infrastruktur wächst derzeit in Afrika schneller als in Deutschland. Und die positivste Nachricht ist: Wo eine Lebensperspektive wächst, gibt es keine Flüchtlinge. Ausgerechnet aus dem lange Zeit chronischen Hungerland Äthiopien kommen fast gar keine Flüchtlinge – weil dort seit einiger Zeit ein echtes „Wachstum aus der Perspektivlosigkeit“ stattfindet.
Ein Marshall Plan für Afrika - Startpunkt für einen globalen Mindestlohn
Deutschland und Europa wären klug beraten, gemeinsam mit Afrika und dem Nahen Osten eine große gemeinsame Initiative für eine nachhaltige Entwicklungsperspektive für die Chancenlosen, Verzweifelten und Abgehängten in diesen Regionen zu starten. Die Welt braucht keine Sklaven, sondern Menschen, deren kreative Lebensgestaltungskräfte sich entfalten. Maschinen nehmen dem Menschen immer mehr Arbeit ab beziehungsweise verstärken seine Leistungskraft. Daher haben alle sehr viel mehr davon, wenn wir der modernen Sklaverei unmenschlicher Arbeitslöhne endlich den Garaus machen durch einen globalen Mindestlohn.
Ein wettbewerbsneutraler globaler Mindestlohn, den wir mit einer Lohnuntergrenze von 1 Dollar pro Stunde vorschlagen, müsste der Eckpunkt eines „Marshall Plans für Afrika“ sein wie auch eines globalen „New Deal 21“, eines faktischen Einstiegs in eine globale öko-soziale Marktwirtschaft. Dann kann sich jeder den Zugang zur not-wendigen Teilhabe an den heute möglichen Entwicklungsperspektiven aus eigener Kraft leisten und organisieren.
Europa sollte sämtliche Unternehmen zur Einhaltung einer Lohnuntergrenze verpflichten. Dadurch käme das Geld an der richtigen Stelle an: bei denen, die arbeiten, statt in irgendwelchen Korruptionskanälen. Die Kaufkraft würde unmittelbar und sofort massiv gestärkt, die Lebensperspektiven nachhaltig verbessert, die Wirtschaft kräftig belebt, der Kreislauf aus der Armut zielführend und effektiv in Gang gebracht.
Fangen wir mit Afrika an und beziehen den Nahen Osten mit ein. „Africa First“ ist das Beste für Afrika und für Europa und für die Welt insgesamt.